PRINCE2 ist die wohl bekannteste Methode des klassischen Projektmanagements. Doch wieso ist sie überhaupt so erfolgreich? Und wie läuft ein klassisches Projekt mit PRINCE2 eigentlich ab? In diesem Artikel gehen wir genauer auf den PRINCE2 Projektsteuerungskreislauf ein und erklären dir ganz genau, wie er funktioniert. Damit auch du ihn gegebenenfalls für dein eigenes Projekt anwenden kannst. Viel Spaß beim Lesen!
PRINCE2 Projektsteuerungskreislauf: Die 6 Dimensionen
Ein wichtiger Grundsatz, auf dem die PRINCE2-Methodik aufbaut, ist der Projektsteuerungskreislauf. Hierbei geht es kurz gesagt um die Planung, Delegation, Überwachung und Steuerung der einzelnen Aspekte eines Projekts. Dieser Kreislauf findet in allen Dimensionen von PRINCE2 statt, welche im Schaubild innerhalb des Kreislaufes als Dreieck mit drei Kreisen abgebildet sind. Der Projektsteuerungskreislauf stellt die Ablaufbeschreibung für das erfolgreiche Management der folgenden sechs Projektdimensionen dar. Die sechs Dimensionen innerhalb von PRINCE2 sind:
Dimension 1: Zeit
Wie viel Zeit das Projekt benötigt. Wann das Projekt beginnt, wann es (planmäßig) enden soll. Wann welche Phase beginnt, wann welches Produkt erstellt wird: All das sind zeitbezogene Aspekte, die der Projektmanager unbedingt mit hoher Aufmerksamkeit managen sollte. Gerade bei großen, bekannten und/oder prestigeträchtigen Projekten ist die Zeit neben dem monetären Aspekt der öffentliche Aufhänger schlechthin. Aber auch Unternehmen kämpfen in ihren Or- ganisationen häufig mit teilweise extrem verspäteten Projekten. Woher kommt das? Liegt das an mangelnder Management-Kompetenz? Oder sind die hiesigen Projektmanager einfach nur nicht in der Lage, valide Zeitpläne vorzulegen? PRINCE2 gibt hierfür einige Tools mit an die Hand, welche zur einer bedarfsge- rechten zeitlichen Planung, Delegation, Überwachung und Steuerung des Projekts massiv beitragen.
Dimension 2: Kosten
Neben dem gerade angesprochenen Zeitaspekt ist die Kostendimension die mit Abstand essentiellste. Schließlich steht und fällt alles damit, dass es innerhalb eines Projekts einen Geldgeber gibt, der ein naturgemäß hohes Interesse an der Projektdurchführung und schließlich dem Projekterfolg hat. Der Geldgeber alleine hat die „Macht“, das gesamte Projekt einzustellen. Wie also sollte der Projektmanager hinsichtlich dieser essentiellen Stakeholder-Attention agieren? Nach der PRINCE2-Terminologie nimmt der Projektmanager hier eine Art Vermitt- lerrolle ein, der die Interessen der Stakeholder wie zum Beispiel dem Auftraggeber mit denen der Lieferanten zueinander bringt.
Dimension 3: Qualität
Umgangssprachlich wird „Qualität“ per se als absolut positiv gewertet. Man spricht davon, dass das „Auto Qualität hat“. Anders ausgedrückt sagt man also, dass das Auto „Eigenschaften“ hat. Denn genau so ist Qualität zu sehen. Und zwar als Eigenschaften, die von dem Projekt umgesetzt werden sollen. Ob die Eigenschaften, also die Qualität, „gut“ oder „schlecht“ sind, vermag der Kunde bzw. der Auftraggeber beurteilen. Der Projektmanager hat nicht das Recht, dies zu beurteilen. Aber er hat jedoch die Pflicht, dies mit gegebenen Ressourcen so gut es möglich ist umzusetzen. Spätestens hier sollte einem die „magische“ Verbindung von Zeit, Kosten und Qualität bewusst werden. Diese drei stehen in ständiger Abhängigkeit voneinander.
Möchten wir bei unseren Olympischen Spielen die Häuser der Olympioniken in einer hochwertigen oder einer mittelmäßigen Ausstattung? Je nachdem verändert sich natürlich der monetäre Aspekt, da bei der hoch- wertigen Ausstattung ausschließlich Marmorfußboden verlegt werden soll, welcher deutlich teurer ist als der Teppichboden der mittleren Ausstattung. Hierbei fällt natürlich ins Auge, dass Marmor eine deutlich längere Lieferzeit hat als Teppich. Das Projekt würde sich also neben einer Kostenerhöhung auch noch massiv verspäten. Nun liegt es am Projektmanager, in Anbetracht der Anforderungen der Stakeholder den besten Weg für das Projekt zu finden. Das bedeutet keinesfalls, dass er hierbei persönliche Anforderungen berücksichtigt. Vielmehr muss er die von den Stakeholdern geforderten Qualitätsaspekte so gut es geht berück- sichtigen oder eben, bei Nichteinhaltung dieser, die Problematik den Stakeholdern so früh als möglich melden.
Dimension 4: Risiko
Wie baut man innerhalb des Projektes ein geeignetes Risikomanagementsystem auf? Mit der Frage beschäftigten wir uns im Folgenden beim Thema „Risiko“. Als Dimension bringt „Risiko“ zum Ausdruck, dass es sich um eine täglich zu erfüllende Aufgabe des Projektmanagers handelt. Selbstverständlich ist hierbei, dass es so hochspezifische Risiken zu beachten gilt, die weit über die Kompetenz eines – egal wie guten – Projektmanagers hinausgehen. Das ist auch vollkommen in Ordnung, bedenkt man doch, dass die PRINCE2-Terminologie hierfür eigene Teilprojektleiter, oder wie in PRINCE2 beschrieben, Teammanager gibt, die durch ihr fachliches Know-how hervorstechen. Diese und deren Teammitglieder müs- sen in die Pflicht genommen werden, eine Gesamt-Risikostrategie für das Projekt mitzuentwickeln und vor allem Einzelrisiken auf den unterschiedlichen Ebenen zu identifizieren und unter gewissen Umständen dem Projektmanager zu mel- den. Dieser wiederum ist dann in der Pflicht, die Risiken zu delegieren, zu überwachen und zu steuern.
Dimension 5: Umfang
Hierbei handelt es sich um den schnell verwechselten Artgenossen von „Qualität“. Oft wird innerhalb von Projekten die Diskussion geführt, ob Aufgabe X „inscope“ oder „not inscope“ ist; also im Umfang oder nicht im Umfang des Projekts. Diese Diskussion ist absolut wichtig und gerechtfertigt. Jedoch muss sie richtig geführt werden. In der Praxis reden Leute meist von den vom Projekt zu liefernde Eigenschaften. Bei unserer Olympiade zum Beispiel von „Marmor- oder Teppichboden“. Wie aber bereits in der Dimension „Qualität“ gut erläutert wurde, handelt es sich hierbei um Eigenschaften, also dem Zustand des Produktes, also um Qualität, nicht um – wie so oft fälschlicherweise verwendet – Scope/Umfang. Der Umfang beschäftigt sich – plastisch gesagt – mit der Anzahl der Marmorplatten, die benötigt werden.
Dimension 6: Nutzen
Als Nutzen wird der erwartete Mehrwert des Projekts bezeichnet. Der Nutzen kann in seiner Art und Güte durchaus unterschiedlich ausfallen. So gibt es den monetären Nutzen: Wenn ich X entwickle, erwarte ich Y an Return on Investment. Hier ist der Blick allein auf den finanziellen Aspekt des Projekts. Darüber hinaus gibt es allerdings auch nichtmonetären Nutzen. So kann die Olympiade neben ihrem finanziell durchaus positiven Effekt vor allem auch Prestige für London mit sich bringen. Hieraus können sich neue Touristen erschließen, die nach der Olympiade den Urlaub in London verbringen wollen und damit neue Arbeits- plätze in London schaffen. Mit Verlaub, letztlich kann man beinahe alle Gründe so durchkonjungieren, dass man am Ende bei dem Faktor Euro bzw. Geldeinheit landet.
PRINCE2 Projektsteuerungskreislauf: Die 4 Schritte
Kommen wir nun nochmal zum PRINCE2 Projektsteuerungskreislauf zurück. Oder kurz gesagt zum Inbegriff von „Managen“. Aber was bedeutet eigentlich managen? Der erste Schritt im Managen eines Projekts – oder im Projektsteuerungskreislauf – ist der Schritt „Planen“, welcher natürlich im ersten Anlauf einen enormen Aufwand darstellt. Bleiben wir bei unserem Olympia-Beispiel. Die ersten Planungsmeetings des Projektteams werden durchaus sehr umfangreich und sehr unstrukturiert gelaufen sein. Gleichgültig, welche Dimensionen geplant worden sind: Ob Risiko oder Zeit, ob Budget oder Qualität, es wird am Anfang in nur sehr wenigen Fällen tatsächlich eine ganz konkrete Planung vorhanden sein.
Das ist aber auch nicht schlimm. Der Projektsteuerungskreislauf ist, wie es der Name schon sagt, ein wiederkehrender Mechanismus. Ein Mechanismus, der bewirkt, dass es eine kontinuierliche Planung, Delegation, Überwachung und Steuerung innerhalb eines Projekts gibt. Hierdurch entstehen nicht nur von Durchlauf zu Durchlauf eine feinkörnigere Planung, sondern auch eine höhere Lernrate. Die kontinuierliche Verbesserung wird hierdurch fortlaufend ge- pflegt. Machen wir das Ganze mal anhand eines Beispiels unserer olympischen Häuser klar.
Schritt 1: Planung
Hierbei wird sich der Projektmanager mit seinem Teammanager „Häuserbau“ und anderen wichtigen Personen in einem ersten Planungsmeeting Gedanken über die Lage der neu zu errichteten Häuser gemacht haben. Wichtig ist hierbei zu beachten, dass man mit der höchsten Planungsebene beginnt. Wie hier zum Beispiel die Lage. Es ist zu erwähnen, dass der Projektmanager hierbei kaum fachliches Know- how besitzen muss. Er muss den Gesamtüberblick über die Projektorganisation be- wahren, das Fach Know-how zur Erstellung der Produkte bringt der Teammanager mit. Der Projektmanager sollte zum Beispiel darauf achten, dass die wichtigsten Sta- keholder wie zum Beispiel vorgeschriebene Ämter mit am Planungstisch sitzen. Nach- dem das Thema „Lage“ annähernd gut geplant worden ist, geht es um erste Maßnah- men, die operationalisiert werden sollen.
Schritt 2: Delegieren
Dies stimmt der Teammanager mit dem Projektmanager ab und nimmt das Ergebnis zur fachlichen Umsetzung mit an sein Team. Der Projektmanager hat somit den zweiten Schritt im Projektsteuerungskreislauf vollzogen: er hat delegiert. Bei der Delegation von Aufgaben ist es wichtig, dem Teammanager genügend Entscheidungstoleranzen mit auf den Weg zu geben. In der Praxis kommt es oft vor, dass der Projektmanager dem Teammanager wenig bis gar keine Entscheidungskompetenz mitgibt. Das hat zur Folge, dass der Teammanager sich wegen jeder Kleinigkeit an den Projektmanager zu wenden hat. Das hat dann nicht mehr viel mit gutem Pro- jektmanagement, sondern vielmehr mit unnötigem Mikromanagement – also dem Management von kleinsten Angelegenheiten zu tun. Hat der Teammanager die Aufgaben und Kompetenzen des Projektmanagers übernommen, beginnt der Projektsteuerungskreislauf auf der nächsten Delegationsebene von vorne. Auf der von uns aktuell beschriebenen Ebene des Projektmanagers beginnt währenddessen der nächste Schritt im andauernden Projektsteuerungskreislauf: die Überwachung.
Schritt 3: Überwachung
Hierbei ist „Überwachen“ keinesfalls negativ zu bewerten. Vielmehr geht es darum, einen qualitätssichernden Mechanismus in das tägliche Projektbusi- ness einfließen zu lassen. Innerhalb des Schrittes „Überwachung“ muss im Vorhinein über die vorherrschenden Parameter gesprochen werden. Es sollten Berichts- und Es- kalationswege und Mechanismen eingerichtet werden, um immer die richtige Infor- mation zum richtigen Zeitpunkt an die richtige Person oder Stelle geben zu können. Wie genau diese Überwachungstools auszusehen haben, wird ebenfalls im Thema „Fortschritt“ genauer beschrieben. Hier sind neben den richtigen Tools auch Meetings beschrieben, welche zu einer adäquaten Überwachung durchgeführt werden sollten.
Schritt 4: Steuerung
Im letzten Prozessschritt geht es darum, den in der Überwachung festgestellten Abweichungen mit Umsetzungsmaßnahmen entgegenzuwirken.
Zusammenfassung: PRINCE2 Projektsteuerungskreislauf
Der PRINCE2 Projektsteuerungskreislauf besteht aus sechs Dimensionen (Zeit, Kosten, Qualität, Risiko, Umfang & Nutzen) und vier Schritten (Planung, Delegieren, Überwachung & Steuerung). Um ein Projekt erfolgreich nach der erfolgreichen Methode aus Großbritannien managen zu können, muss man sich zwingend an diese elf Aspekte halten. Sie bilden einen regulierten Kreislauf, der dem Projekt eine gewisse Sicherheit und Planbarkeit gibt.
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